Ich habe es geschafft und bin wieder zu Hause. Sanna-Leena läuft summend durch die Wohnung, irgendwann seilt sie sich ab und gehr raus. Mit Tüten bewaffnet kommt sie nach einer Weile heim. Nun hat Bijay die Wohnung verlassen. Er kommt allerdings nicht so bald wieder.
Bei uns ist Mädelsabend angesagt, nur wir drei: Sanna-Leena, Aava und ich.
Sanna-Leena beginnt in den Küchenschränken zu kramen. Bei jedem anderen würde ich sagen: hektisch, aber diese Frau ist alles andere als hektisch. Sie würde sich auch noch in aller Seelenruhe die Haare fönen, wenn sie in 30 Minuten am Bahnhof sein müsste. Echt bewundernswert.
So kramt sie aus ihren Schränken Schüsseln und Vorräte. Aber irgendwas fehlt. Ein Telefonat mit Äiti in Seinäjoki. Ich bekomme fragen nach Mehlarten mit. Die gekauften tiefgefrorenen Mustikka – Blaubeeren habe ich schon in der Tüte gesehen. Um was es geht, will sie mir nicht sagen, es soll eine Überraschung sein.
Wobei ich ahne!
Äiti scheint zu verneinen, das Ruisjauho und Kikhernejauho funktionieren. Ich würde in einen Mürbeteig auch kein Roggen- oder Kicherbsenmehl packen. Es muss schon Weizenmehl – Venähauho sein! Spassigerweise sprechen wir heute einen Mix aus Englisch und Finnisch. Da Sanna-Leena auf Aava achten muss, biete ich an, schnell zum Alepa im Puotilan Ostoskeskus zu laufen. Wobei Ostoskeskus – Einkaufszentrum ziemlich übertrieben ist, da es nur eine kleine Ansammelung von einer Kneipe, einem vietanamesischem Familienrestaurant – vietnamilainen perheen ravintola steht über der Türe, einem Tierarzt, R-Kioski, ein Friseur, Kebabbude und eben dem Alepa besteht. Dafür ist der Weg nicht weit. Ich liebe finnische Supermärkte
Das Mehl ist schnell gefunden. Das Bezahlen dauert etwas länger. Es ist Sonntagabend, 21 Uhr, der Laden hat bis 23 Uhr geöffnet und an zwei Kassen Schlangen wie Samstagsnachmittags bei Lidl. Unglaublich. Aber auch die längste Schlange ist irgendwann mal abgearbeitet.
Ich liebe auch so profane Dinge wie Mehl zu kaufen. Wenn man damit nach Hause schlendert, dann gibt einem das ein ähnliches Dazugehörigkeitsgefühl, wie Leute vom Flughafen oder Bahnhof abholen. Touristen kaufen für die Ferienwohnng Pizza und Ravioli in der Dose, Locals holen Mehl für die Mustikkapiirakka.
Endlich kann es daheim mit dem Backen los gehen. Ich tue immer noch ahnungslos. Der Mürbeteig – murotaikina ist schnell gemacht. Sanna-Leena erzählt mir währenddessen, dass Äiti wohl nicht das größte Zutrauen in ihre Backkünste hat. Kann ich jetzt nicht so unterschreiben.
Die Mustikkapiirakka, die sie als Überraschung gebacken hat, weil ich so total auf diese Früchte stehe, ist 1A. Wirklich lecker … ok hätte etwas mehr Zucker über die Mustikka gekonnt, aber wer kann schon vorher wissen, das diese gerade etwas säuerlich daher kommen.
Dazu köpfen wir den Geburtstagswein. Es ist schön zusammen zu trinken und außerdem habe ich Sorge, das der Weinkarton im Koffer beim Flug platzen würde. Wäre ja schade drum.
Das ganze wird auch richtig in Szene gesetzt. Ein unvergessener Moment:
Mustikkapiirakka viinin kanssa. Blaubeertorte mit Wein.
Also haben wir einen feucht fröhlichen Abend, hängen quatschend vor etwas Trash-TV ab. Als Bijay später kommt, ist für ihn auch noch Weinn da.
Ich müsste eigentlich spätestens um Mitternacht schlafen, nachdem ich den Koffer zusammengehauen habe. Von Packen kann da nicht viel die Rede sein, alles irgendwie reingestopft.
Aber so recht mit dem Schalfen will es nicht klappen. Ich bin aufgeregt, möchte den Wecker nicht überhören und außerdem gibt die Mustikkapiirakka etwas Pfötchen. Schwamm drüber,
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