Freitagabend – klassischer Ausgehtag in Finnland und somit auch in Helsinki.
Nach der Sauna bin ich noch schnell in den Supermarkt in der kleinen Hochhaussiedlung an der Haapanieminkatu gelaufen. Ey da läuft ein süßer Typ rum, etwas planlos, aber süß. Hmmm den würde ich gerne anbaggern. Aber ich weiß, wie üblich, nicht recht wie.
Also lasse ich es, und gehe zur Kasse und bezahle meinen Kram.
Schnell ins Appartment zurück und die „soja-nuggets“ in die Pfanne geschmissen. Da geht die Türe. Klar John hat für das Nachbarzimmer wieder vermietet. Die Eingangstüre öffnet sich und der süße Typ aus dem Supermarkt steht im Flur. Wieviel Glück kann ein Mädchen haben 🙂
Er stellt sich als Noel aus Dublin vor. Leider ist er nur eine Nacht in Helsinki, weil sein Flug nach Dublin erst gegen Mittag geht. Wir unterhalten uns super. Es macht Spaß mit ihm zu reden. Aber das war es dann auch schon.
Ok also den eigentlichen Plan verfolgen und ausgehen.
Nach dem Trip nach Turku und einem ausgiebigen Saunaerlebnis bin ich fit für das Nachtleben. Heute ziehe ich meinen kurzen Schottenshort an und eine graue Legging dazu. Wird bestimmt cool werden.
Während ich mich fertig mache, chatte ich ein wenig mit Sandra in Salo. Sie gibt mir den Tipp mal ins Praha zu gehen. Gute Idee, mal schauen wie das ist, aber irgnendwie habe ich leider noch nicht so richtig den Plan, wohin ich gehen will. Neben meinem Bett liegt eine Liste mit empfohlenen Kneipen und Bars. Was tun?
Also fahre ich zuerst mal mit der U-Bahn zum Kamppi. Dort irre ich ein wenig draußen rum und habe immer weniger einen Plan. Zurück in die U-Bahn und zum Hauptbahnhof. Dort suche ich das Praha. Also nicht am Hauptbahnhof , sondern in der Mannerheimintie. Ich weiß ja, das es #5 sein soll. Aber wo ist Mannerheimintie 5? In Berlin stehen an den Straßenschildern auch immer die Nummern unten drunter. Da weiß ich das die erste Nummer die Ecke bezeichnet, an der ich stehe und die letzte die nächste Straßenecke ist. Weit gefehlt in Finnland. Also lande ich erstmal vorm Cafe Lasipalasti. Hmm … nööö … will ich irgendwie nicht … es springt mich nicht an.
Also weiter. Ich finde Mannerheimintie 5 und das Praha. Ist eigentlich nicht schwer, man kann von der Kaivokatu direkt durchs Citycenter in den Innehof gelangen. Suomalainen Kirjakauppa hat hier auch den Haupteingang. Und da war ich schon mal. HA!
Leider ist das Praha ziemlich voll, um nicht zu sagen knackenvoll. Und ein Türsteher ist auch davor angesiedelt. Vor Türsteher habe ich einen Heidenrespekt, seid dem mich mal einer nicht in einen Club in Berlin gelassen hat. Weiß immer noch nicht warum!
Ich trau mich einfach nicht, es ist zu blöd. Ja ich höre euch schreien, Helen rein da. Aber irgendwie geht es nicht. Ich könnte mich selber ohrfeigen.
Nächste Station. Ich würde ja eigentlich gerne tanzen gehen. Mit Hilfe eine iPhone-App finde ich den Tavastiaklubi. Der ist wieder in der Nähe des Kamppi in der Urho Kekkosen katu 6. Laute Musik schallt mir schon weit vor dem Eingang entgegen. Und es ist nicht die Art Musik auf die ich stehe. Außerdem scheint es ein Konzert zu sein. Also wieder nichts. Bin kurz davor mich selber in den Arsch zu beißen.
Es ist nämlich zum heulen. Ich habe das Gefühl mir selber im Weg zu stehen, und das hat jetzt nichts mit der schüchternen finnischen Natur zu tun, sondern mit der bekloppten Schüchternheit von Frau Helen. Mit den Gedanken in meinem Hirn, das mich eh jeder abstoßend, häßlich und langweilig finden wird. Das mich niemand mögen wird.
Ich weiß es ist Quatsch vom Kopf her, sonst würdet ihr das hier alles nicht lesen, aber mein Herz ist so ungeduldig und sehnt sich einfach nach liebevollen Umarmungen.
Ok next Stop Siltanen. Hatte ich auch über die App rausgefunden. Das Siltanen liegt in der Hämeentie 13 B. Und nun alle mal lachen, das bedeutet nämlich vom Tavastiaklubi zum Kamppi laufen, dann in die U-Bahn schwingen und zum Hakaniemi zu fahren. Ja das Siltanen liegt um die Ecke von meinem Domizil. Cool gell?
Wie gut das Helsinki nicht so riesig ist wie Berlin, sonst wäre ich jetzt echt aufgeschmissen. Nach ca. 10 Minuten Fahrt bin ivh Hakaniemi und gehe den falschen U-Bahnausgang hinaus. Yup, wollte mal testen wo man rauskommt wenn man Ausgang Toinen linja nimmt. Na logo, kommt man Toinen linja raus, das ist nur weiter von der Hämeentie weg, als Hakaniemen tori. Dumm gelaufen. Und dann die lange Hämeentie lang laufen bis zum Siltanen. Das zieht sich sag ich euch.
Endlich bin ich bei Nummer 13 b. Wenn ich mit der Straßenbahn Linja 6 gefahren wäre, hätte ich eine Station weiter fahren können als Hakaniemi. Das ist überigens ein interssantes Phänomen in Helsinki. Bus- und Straßenbahnhaltestellen sind nicht immer identisch. In Berlin halten Busse zwar auch öfter als Trams, aber meistens halten sie auch an parallelen Stationen, um den Umstieg zu erleichtern. In Helsinki ist das nicht so. Echt interessant.
Im Club selber muß ich lange anstehen, um an ein Getränk zu kommen. Falle aber nicht weiter auf, weil ich das ja mit dem Selfservice begriffen habe und yks koki sagen kann 🙂 (eine Cola). Auf die Frage „Iso?“ nicke ich nur. Klar will ich ne große Cola haben und wie in jedem Club ist es eh zu laut, um ein Gespräch zu führen.
Schräg gegenüber der Bar bemüht sich ein DJ Platten aufzulegen … sagt man das im Zeitalter von mp3 noch? Egal, wahrscheinlich kitzelt er die Töne aus seinem Laptop raus. Einige Menschen sind auch auf der viel viel zu kleinen Tanzfläche. In einer anderen Ecke sitzen Menschen an Tischen, wo noch freie Plätze sind. Ich bin aber unsicher, ob ich mich einfach dazu setzen kann. Das ärgert mich auch schon wieder. Wieso? Ich traue mich alleien zu verreisen und dann habe ich diese komischen Gedanken, das man sich nicht alleine, nicht als Frau an einen Tisch setzen kann. Man reiche mir mal eine Peitsche zum selber züchtigen.
Wir reden von Finnland, von einem der gleichberechtigsten Länder der Welt. Wir sind nicht in Spanien, Italien oder einem arabischen Land oder auf dem Mond. Finnland!
Ok, um dem ganzen aus dem Weg zu gehen, gehe ich raus und stelle mich an die Außenbar, die aber nicht bespielt wird. Wenigstens was zum festhalten. Es ist noch schön warm draußen und viele Menschen sitzen an den Biergartentischen. Auch hier will es mir nicht gelingen, mich an einen der Tische niederzulassen und ich ziehe nach einer halben Stunde frustriert von dannen.
Wieder mal toll gelaufen … ich könnte mich ohrfeigen.
Gottseidank muß ich nicht weit nach Hause laufen.
Morgen auf ein neues …
Und falls jemand ne tolle Idee hat, wo man in Helsinki nette Leute kennenlernen kann, richtig abfeiern oder auch tanzen gehen kann (ich stehe auf Pop und Rck – beispielsweise Sunrise Avenue) immer her damit 🙂
ach, arme Helen, das ging ja wohl gründlich in die Hose mit dem Ausgehen 🙂 Aber ich kann dir versichern, mir ging es damals nicht anders, als ich anfangs ganz alleine in dieser Stadt rumschwirrte. Bis ich eben nach ein paar Lonkeros den Mut gefasst hatte, mich einfach an einen Tisch mit Finninnen zu setzen, und plötzlich war ICH der Mittelpunkt. Naja, damals waren Deutsche und überhaupt Ausländer eher selten. Also, du weißt, was du beim nächsten Mal zu tun hast ..einfach dazu setzen 🙂
kiitos peter
ja jetzt weiß ich bescheid und werde das heute abend beim finnenstammtisch schon mal testen 😀
was sind bitte lonkeros?
Lonkero 🙂 Ich liebe das Zeug, naja ganz so schlimm nicht, aber DIE Alternative für mich bei Kneipenabenden. (Ich mag kein Bier.) Das tolle ist: es ist vom Alkoholgehalt wie Bier und vom Preis auch auf dem selben Level.
An sich sind Lonkeros ist ein Überbleibsel der Olympiade 1952, man wollte einen coolen Drink und er war so beliebt, dass es den immernoch gibt, Ist Grapefruitsaft mit Gin oder irgendwie sowas.
In Finnland bekommst du das echt in jeder Bar.
Ansonsten was ich vergessen hatte zu nennen: Molly Malones. Nahe Hauptbahnhof, Irish Pub mit täglicher Live-Musik und auch Tanzfläche. (Die hier von dir genannten Ecken kenn ich tatsächlich alle von innen…)
Nebenbei: Ich würde auch nie alleine in Bars aufkreuzen 😀 Ich such mir grundsätzlich vorher schon Leute… In den Urlaub fahr ich dagegen sogar gerne alleine.
also grapefruitsaft ist so gar nicht meins
dann lieber bier
cidre habe ich vergessen zu probieren
molly malone … kiitos
werde ich notieren
naja ich kann nur alleine in einer bar aufkreuzen, sowohl hier in berlin als auch in helsinki
entweder geht keiner mit mir weg (berlin) oder ich kenne keinen (helsinki)
bin dabei das zu ändern.
Ach Helen, einfach dazu setzen ohne was zu sagen ist blöd, da geb ich dir Recht. „Onko se vapaa?“ mit Deut auf dem Stuhl – „Ist hier noch frei?“. Du hast das Privileg, alleine als Touristin unterwegs zu sein. Da versteht es jeder, dass du einfach mal nette Leute zum Quatschen suchst und die Stadt ein bisschen kennenlernen willst (Wo kann man denn hier so hingehen?). Mach dir um Himmels Willen nicht so viel Druck. Vielleicht entsteht auch einfach nur ein nettes Gespräch und tschüß, dann hattest du einen unterhaltsamen Abend. Oder vielleicht hat der ein oder andere Lust dir ein bisschen was zu zeigen, immerhin kennst du als Deutsche nicht so viel von Helsinki. Vielleicht entwickeln sich einfach nur nette Bekanntschaften, vielleicht lernt man darüber wiederum irgendwann andere neue Leute kennen. Wer weiß das schon… Und selbst wenn du abgelehnt wirst, war es für dich ein „Üben“ und du wirst sie nie wieder sehen. Egal wie es sich entwickelt, es können sich für dich nur Vorteile ergeben. 😉
Der irish pub ist schon echt gut!
kiitos
das mit dem „onko se vapaa“ werde ich mir gut merken 🙂
das könnte eben auch ein türöffner sein
wenn immer was nicht klappt, dann entsteht ne komische druckspirale, aber da will ich raus
und du hast recht, man kann dann nett ins gespräch kommen und schauen was passiert 🙂
im januar wieder 🙂
na, ich mag auch kein Grapefruit, aber Lonkero hat die richtige Mischung. Auch wenn du kein Bier magst, Lapin kulta oder Karhu solltest du zumindest probiert haben. Man gewöhnt sich als Deutscher Biertrinker relativ schnell daran, auch wenn diese Stammwürze im Bier fehlt. Se vapaa (fragender Blick und angehobene Stimme am Wortende ersparen das onko )hab ich übrigens bei jeder Kleinigkeit für einen Sitzplatz gefragt. 🙂
Überhaupt kam Höflichkeit zumindest früher sehr gut an in Finnland, da die damaligen männlichen Jugendlichen vor allem so ab 20 Uhr rum eher Probleme mit der Höflichkeit bekamen und recht ausfallend werden konnten. In diesem Fall konnte ich weder Finnisch noch Englisch, Schwedisch oder gar Deutsch sondern sprach Französisch 🙂
danke für den tip peter
mir hat ne bekannte noch gesagt das lonkero ganz lecker ist
ich werde das mal testen
bier mag ich nicht unbedingt
habe aber am sonnabend in helsinki ein korff getrunken, und das hat reingehauen 😀
stammwürze? ist dass das was bier bitter macht? oder herb? bitte nicht steinigen!
se vapaa ist auch notiert 🙂
naja französisch kann ich nicht sprechen 😛
also kann ich nur englisch oder deutsch (aber das möchte ich in finnland nicht sprechen)
wird schon werden
kiitos
hier mal ein lonkero rezept
kommt das so hin?
Hallo Helen!
Lumihiutale und Peter sprechen mir aus der Seele! Vor allem „und selbst wenn du abgelehnt wirst, war es für dich ein „Üben“. Es ist nicht einfach, dahin zu kommen, aber ich bin mir sicher, dass du diese Hürde schaffen wirst. Sei stolz auf dich, dass du weißt, wo es hakt. Dein Selbstwertgefühl kannst du nur allein dir geben, erarbeiten. Das, was man dir lang genug „eingeredet“ hat, braucht lange, ehe es nimmer im Hintergrund diese fiesen und abwertenden Dinge zu dir sagt. Du schaffst das!
Liebe Umärmelungen
Tina
es war ja in helsinki nicht das dingen, das ich abgelehnt wurde. wir reden ja von lieben finnen.
es ist so das ich früher abgelehnt wurde, inkl. durch meinen damals eigenen ehemann.
jetzt weiß ich oft nicht wie ich mich trauen soll 😛
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