Ihr erinnert euch bestimmt an gestern abend, gefühlte 100 Jahre schon her. Traumatisierendes Ausgehen in Helsinki, gut auch nicht anders, besser oder schlechter, als ich es aus Berlin kenne, wenn man nicht gerade Freunde trifft oder mit ihnen unterwegs ist.
Und wenn man sich dann später oder auch vorher, wie ich das mit Sandra per Whatsapp mache, unterhält, dann muß ich oft hören: Schwierig, alles schwierig. Schwierig Leute kennen zulernen, schwierig nicht alleine zu sein und von Männern wollen wir ja gar nicht reden, das ist noch schwieriger. Warum weiß ich nicht! In Finnland ist es wohl doppelt schwierig, weil Finnen schüchtern sind, so wurde mir berichtet.
Ist es wirklich schwierig? Oder ist es die Einstellung, alles als Schwierig anzusehen?
Ich weiß es nicht. Was Männer angeht: Klar sind die meisten in einem gewissen Alter gebunden. Aber die Scheidungs- und Trennungsraten waren noch nie so hoch wie in diesem Jahrhundert. Auch ich habe vor einigen Jahren einen gebrauchten Mann auf den Markt zurückgeworfen. Von daher … sollten doch ein paar Männer rumlaufen, die zu haben sind … und wenn es nur für etwas Spaß und ein Abenteuer ist.
Für die Zukunft weiß ich, Bier an der Bar kaufen und dann auf einen freien Stuhl zusteuern, liebreizend lächeln und „Se vapaa?“ fragen. Kriege ich hin. Weiß ich allerdings heute am 13.9.2014 noch nicht.
Ok Sandra ist sehr aufmunternd, sie rät nochmal dringend ins Praha, Mannerheimintie 5 zu gehen. Ihrer Meinung nach ist die richtige Location wichtig. Ok ich probiere es nochmal.
Orange Jeans an und das ärmellose Kleid drüber, Jeansjacke dazu. Sieht top aus 😀
Dann in die Metro bis zum Rautatientori, durch den Tunnel unter der Kaivokatu Richtung Mannerheimintie. Das ist jetzt alles schon so verdammt vertraut, als würde ich ewig hier wohnen. Es kommt der Gedanke in mein Hirn, das ich bald wieder nach Berlin muß. Das ist schlichtweg unerträglich. Ich will nicht weg. Der Finnland-Virus hat mich erwischt, ich weiß, das es unheilbar ist. Macht nichts. Es gibt sicher schlimmere Viren. Ich beginne auch darüber nachzudenken, wie es wäre hier zu wohnen, zu leben, für immer in Helsinki. Mein Kind wird 18, in 2 Jahren hat der Abi, dann will ich eh aus Berlin weg und ich weiß jetzt, wohin ich will: Helsinki 🙂
Der Gedanke stimmt mich sehr heiter. Und ich springe die Treppen zum CityCenter hoch. Von hier ist es ja nur noch ein Katzensprung durch die Passage zum Backend der Mannerheimintie 5, wo der Eingang zum Praha liegt.
Diesmal ist sie nicht so voll und am Türsteher komme ich auch vorbei. Türsteher … da habe ich respekt vor 😛
Frage an die Finnlandexperten: Gibt es eigentlich Bars in die eine Frau nicht rein kommt?
Ok das Prozedere mit zum Tresen gehen, Bier bestellen und Platz suchen kenne ich ja nun. Ich finde im vorderen Bereich in einer präsenten, aber lauschigen Ecke einen Platz. Das Praha hat W-Lan. Das ist cool! Über Whatsapp chatte ich mit Britta, das entspannt 🙂
Irgendwann setzt sich ein langhaariger Typ zu mir, nachdem er etwas unverständliches gemurmelt hat. Ob es wohl „Onko se vapaa?“ war? Ich habe genickt und er hat sich gesetzt. Wühlt auch in seinem Smartphone rum. Machen hier viele. Britta will, das ich aufhöre zu chatten. Warum? Um gelangweilgt in die Gegend zu starren? Macht auch nicht beliebter.
Der Typ hat wohl die ersehnte Nachricht erhalten und trollt sich wortlos. Schade. Aber ob er nett aussah, kann ich noch nicht mal sagen. Waren ja die ganze Zeit die Haare vorm Gesicht.
Egal, ich halte die Stellung. Britta auch 🙂 Danke dir!
Nach einer weitern Weile pirscht sich ein junger Mann ran. Auch er murmelt was, und sitzt plötzlich ziemlich dicht neben mir. Mit ziemlich dicht meine ich: unsere Oberschenkel berühren sich. Hmm! Bin mir noch unschlüssig. Wobe er sieht nett aus.
Ich mache ihm gleich klar, das mein Finnisch sich noch in seinen Anfängen befindet. Das ich lerne, aber noch nicht weit bin. Und ich will ja jetzt nicht auf Finnisch ne Waschmaschine kaufen. Aber er kann Englisch und wirkt sehr begeistert es einsetzen zu können. Wieder einen Menschen glücklich gemacht. Yay.
Im Laufe des Abends kriege ich mit, dass er Jussi heißt und ursprünglich aus Mikkeli kommt, kürzlich nach Helsinki gezogen ist, um seinem Leben neuen Drive zu geben. Kann ich gut verstehen. Bin ich sofort dabei. Was er beruflich macht, ich glaueb er hat es gesagt, aber irgendwie habe ich es nicht so kappiert. War aber in Mikkeli dasselbe wie in Helsinki. Ok..
Mit Britta chatte ich zu dem Zeitpunkt nicht mehr, aber liebe Britta, Jussi hat zwischendurch immer Whatsapp bedient. Ist so üblich 😛 .
Allerdings hat mich das schon etwas geärgert. Auch will er zwischendurch Tipps von mir aufnehmen, für einen Berlin-Aufenthalt im Novmber. Ich empfehlene ihm Kreuzberg und Prenzlauer Berg. Klar könnte er bestimmt auch nicht sofort unfallfrei schreiben.
Er will mit Kumpels fahren und genau die Kumpels tauchen auch auf. Und das ist ungemütlich. Einer hockt sich rechts von mir, links sitzt ja schon Jussi und mir gegenüber hockt sich der dritte. Der mir gegenüber behauptet nur Finnisch zu können, manchmal macht er Bemerkungen, die sehr weit unterhalb der Gürtellinie zu sein scheinen, wenn man den Übersetzugen von #3 trauen kann. Der hockt ja neben mir und rückt mir verdammt auf die Pelle. Er kann deutsch, hat mal in Süddeutschland gelebt und denkt nun, er kann mit Ausdrücken wie „Servus“ punkten. Nee, das mag ich gar nicht, auch nicht von einem Finnen. Und er sieht nicht nett aus, nicht mein Typ Jussi ist da schon mehr mein Typ. Den würde ich gerne näher kennenlernen. Aber die beiden anderen Typen drängen sich arg in den Vordergrund.
Ich weiß selber nicht so recht, was ich davon halten soll, von drei Männern umringt zu sein. Sicher es ist irgendwie nett, oder auch schön. Ist mir in meinem ganzen Leben noch nie so passiert. In mir blubbtert ein Teufel, der sagt: „Die verarschen dich doch nur, die treiben auf deine Kosten Scherze mit dir“ … so nach dem Motto: Wollen wir der Kuh mal zeigen …
Aber nein, das glaibe ich nun doch nicht. Wobei dieser fiese Teufel gibt keine Ruhe. Ich versuche die Situation zu genießen und nicht außer Kontrolle geraten zu lassen. Wobei viel zu kontrollieren gibt es nicht wirklich. Außer den rechts von mir, der versucht mir noch näher auf die Pelle zurücken, ich rücke weg, was bedeuet, ich rücke Jussi näher auf die Pelle.
Nun will er wissen, ob ich sie zu ihrem nächsten Stop begleiten will. Irgendein Nachtklub. Bin skeptisch, muß das aber nicht sofort entscheiden. Er und der nur finnisch-sprechende mit dem großen Schwanz (das wurde mir mal zwischendurch gesteckt, könnte sich ja als wichtig erweisen oder notwendig :P) gehen erstmal raus rauchen.
Jussi raucht nicht. Er bleibt neben mir hocken, wir unterhalten uns.
Er rät mir allerdings ab, mit zum nächsten Stopover zu kommen. Evt eine zwielichtige Spelunke? Keine Ahnung. Aber irgendwas in mir läßt mich darauf vertrauen, das Jussi wohlmeinden ist. Nach 1 Stunde Gespräch mit den dreien, ziehen sie von dannen. Ich bleibe alleine zurück und trolle mich dann auch.
Ein Nachtspaziergang steht an. Die Bilder gab es heute morgen.
Verbuche diesen Tag aber als erfolgreich.
In Deutschland ist es so, das die Männer sich an einer Flasche Bier festhalten, genauso trinken wie die Finnen und bei dem Alkoholpegel, wo die Finnen losziehen und alleinstehende rot-grünhaarige Frauen fragen „Se vapaa?“ und sich dann dazu sezten, da halten sich die Deutschen immer noch an ihrer Bierflasche fest und stieren auf die Tanzfläche. Einzige Bewegung ist ihr Atem.
Also ist mir die Situation, wie sie im Praha war, viel lieber.
Kippis!
Karte:
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Puh……… mir war schon mulmig zu Mute! So, wie du geschrieben hast, fühlte ich die gewissen Nähe, die ich nicht leiden kann. Halt zu nah für einen netten Abend mit Gesprächen, zum Abtasten. Bin froh, dass der Jussi wohl ein wirklich netter war.
Weißt, lieber so einen kleinen Teufel im Gehör-Hirngang als unter die Räder kommen und verarscht werden.
ach du warst das, die die ganze zeit daneben hockte 😛
was verstehst du unter „unter die räder kommen und verarscht werden“
ich hätte doch evt. auch spaß haben können 😛 nur mal so als idee 😛
mit jussi selbstverständlich 😀